Informatiker mit Hang fürs Klettern

Lukas Kiefer (26) aus Zürich lebt seit vier Jahren mit dem Morbus Bechterew. Dass er das Klettern für sich entdeckt hat, ist ein Glücksfall.

4. Januar 2018
Lukas Kiefer
Lukas Kiefer (26): «Ich hänge drei- bis viermal pro Woche an irgendeiner Wand.»

«Vor gut einem Jahr habe ich durch einen Freund den Klettersport entdeckt und bin seither richtig angefressen davon. Nachdem er mich zum ersten Mal in die Kletterhalle mitgenommen hat, habe ich mir gleich die Ausrüstung besorgt und habe angefangen zu trainieren. Jetzt bin ich sicher jede Woche zwei bis drei Mal in irgendeiner Wand, sei es draussen in den Bergen oder in einer Kletterhalle. Dieser Sport dehnt meinen ganzen Körper und entspannt mich gleichzeitig. Beim Bouldern klettert man ohne Seil auf etwa drei bis vier Meter Höhe, manchmal auch auf überhängenden Routen. Dies braucht natürlich sehr viel Kraft, was für mich aber ein gutes Training ist. Speziell ist vielleicht, dass ich für das Klettern auch viel Kraft in den Fingern brauche. Um dies zu trainieren, habe ich zu Hause ein spezielles Gerät. Zudem gehe ich regelmässig ins Fitnesscenter, wo ich vor allem auf dem Crosstrainer trainiere. Früher ging ich relativ häufig joggen, aber das ging irgendwann wegen der Schmerzen nicht mehr, da ich manchmal auf halber Strecke umkehren musste.

Das Klettern ist für mich auch ein guter Ausgleich zu meiner beruflichen Tätigkeit als Software-Entwickler in Zürich. Im Sommer steige ich manchmal nach der Arbeit noch ins Auto und bin relativ schnell irgendwo in den Bergen. Dort hat es dann noch genug Sonne, so dass ich noch ein paar Stunden in der Sonne klettern kann. Ich bin dann völlig weg vom Alltag und auch das Handy bleibt ausgeschaltet.

Von der Küche ins Büro

Bei meinem jetzigen Arbeitgeber arbeite ich seit meinem Studienabschluss im Herbst 2015. Ich habe an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Informatik studiert. Die Tätigkeit ist sehr spannend und macht mir Spass. Mit meinem Team bin ich oft während mehrerer Wochen bei grossen Kunden in der ganzen Schweiz, wodurch ich immer wieder neue Einblick in verschiedene Tätigkeitsbereiche und Orte bekomme. Ursprünglich habe ich aber etwas ganz anderes gelernt. Nach der obligatorischen Schule habe ich zuerst eine Kochlehre gemacht, bevor ich die Berufsmatur nachholte, um das Informatikstudium zu absolvieren. Ich bin froh über diese Entscheidung, nicht nur, weil mich meine jetzige Arbeit erfüllt, sondern weil ich wegen dem Bechterew längerfristig wohl nicht mehr als Koch hätte arbeiten können. Das Aufheben schwerer Gegenstände oder auch die teilweise extremen Temperaturen machten mir ziemlich zu schaffen. Das warme Büro ist für meine Gesundheit sicher besser. Ich empfand es zunehmend auch als Nachteil, dass ich immer dann arbeiten musste, wenn meine Freunde frei hatten.

Da Computer und Technik schon immer grosse Interessen von mir waren, entschied ich mich dann für das Studium als Software-Entwickler. Die Kombination aus Kreativität und logischem Denken gefällt mir sehr.

Schwierigkeiten in Ausbildung und Militär

Der Bechterew hat sich bei mir erstmals gegen Ende der Berufsmaturität und kurz darauf in der Rekrutenschule bemerkbar gemacht. Ich bekam vor allem in der Hüfte starke Schmerzen, die in die Beine ausstrahlten. Es fiel mir deshalb schwer, im Studium lange zu sitzen, und in der Rekrutenschule hatte ich Probleme, schwere Gegenstände aufzuheben. Die Betten im Militär waren auch nicht gerade gut für meinen Rücken. Da ich aber als Koch eingeteilt war, musste ich wenigstens keine langen Fussmärsche absolvieren. Auch heute habe ich manchmal noch schwere Schübe, während denen ich kaum noch gehen kann.

Vor der definitiven Diagnose wurden mir vom Hausarzt lediglich etwas Physiotherapie und Schmerzmittel verordnet. Die Schübe blieben aber sehr schmerzhaft und wurden eher stärker, weshalb ich mich bald für eine Untersuchung am Universitätsspital Zürich anmeldete. Dort wurde ein MRI gemacht und die Diagnose gestellt. Heute hilft mir neben der Bewegung auch, dass ich einen optimal eingerichteten Arbeitsplatz mit einem speziellen «Bechterew-Bürostuhl» habe. Dieser zwingt mich, immer eine gute Haltung einzunehmen, so dass ich anfangs sogar etwas Muskelkater vom Sitzen bekam. Der nächste Schritt wird nun eine TNF-Alpha-Therapie sein. Dies ist nötig, weil meine Halswirbelsäule eine Versteifungstendenz aufweist und ich teilweise immer noch von starken Schmerzen in der Hüfte begleitet werde. Ich bin zuversichtlich, dass es mir durch diese Medikamente besser gehen wird. Schön wäre es, wenn ich dadurch noch aktiver sein und zum Beispiel wieder mit Joggen anfangen könnte.»