Hochintensive Übungen bessern Müdigkeit, Schlaf und Stimmung

Weil Medikamente bei der axialen Spondyloarthritis nicht immer gegen Erschöpfung wirksam sind, ist dem intensiven körperlichen Training hohe Bedeutung zuzuschreiben, auch wenn die Besserungsraten auf den ersten Blick gering erscheinen. Das Beibehalten der Aktivität ist wichtig und bringt möglicherweise auf lange Sicht noch bessere Erfolge.

Zuletzt aktualisiert am 11. März 2024
Schwitzend-wegen-Hochintensiven-Übungen

Bei der axialen Spondyloarthritis (Morbus Bechterew und nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis) gehören neben den Schmerzen auch Schlafstörungen und entzündungsbedingte Dauermüdigkeit zu den wichtigsten Beeinträchtigungen. Eine Therapie der Niedergeschlagenheit und Erschöpfung gehört daher zu den wichtigsten Aspekten der Spondyloarthritis-Therapie.

Als Grundpfeiler der Spondyloarthritis-Therapie wird neben Medikamenten vor allem die Physiotherapie mit Bewegungsübungen empfohlen. TNF-Alpha-Hemmer reduzieren zwar die Krankheitsaktivität und auch die Schlafstörungen. Dass aber Medikamente auch in der Lage sind, die Erschöpfung und die Gemütsbeeinträchtigung zu lindern, konnte bisher nicht gezeigt werden.

Die skandinavischen Forscher um Dr. Silje Halvorsen Sveaas berichteten kürzlich über Studienergebnisse, nach denen hochintensive Bewegungsübungen bei der axialen Spondyloarthritis die Krankheitsaktivität ebenso wirksam mindern wie TNFAlpha-Hemmer. Sie haben jetzt die Daten dieser Studie erneut ausgewertet, um herauszufinden, wie sich intensives Ausdauertraining (Herz-Kreislauf- und Atemtraining) und Muskelkräftigungsübungen bei der axialen Spondyloarthritis auf die Müdigkeit, die Stimmung und den allgemeinen Gesundheitszustand auswirken.

Hochintensive Bewegungsübungen im Vergleich

In der ESpA-Studie («Exercise for Spondyloarthritis») wurde die Wirkung hochintensiver Bewegungsübungen über drei Monate mit einer Gruppe ohne solche Übungen verglichen. Studienteilnehmer waren ambulante Patienten von vier Rheumazentren in Norwegen und Schweden mit mittlerer bis hoher Krankheitsaktivität (BASDAI mindestens 3,5 auf der 10-Punkte-Skala), die in den sechs Monaten vor Studienbeginn nicht regelmässig Ausdauer- oder Muskelkräftigungsübungen über mehr als eine Stunde pro Woche ausgeführt hatten.

Die 50 Patienten der Übungsgruppe wurden aufgefordert, drei Monate lang dreimal wöchentlich Bewegungsübungen auszuführen. In zwei der Rheumazentren wurde zweimal pro Woche fachlich angeleitete Gruppentherapie mit sieben bis zwölf Teilnehmern durchgeführt, während in den beiden anderen Zentren fachlich angeleitete Übungen im Fitnesscenter durchgeführt wurden, mit 40 Minuten Ausdauertraining auf dem Laufband oder Standfahrrad (zehn Minuten Aufwärmen, danach im Wechsel vier Minuten kräftiges Gehen oder Pedaltreten bei 90–95% der maximal zulässigen Herzfrequenz und drei Minuten Erholung bei 70% der maximalen Herzfrequenz) und 20 Minuten Muskelkräftigungsübungen. Die Patienten wurden aufgefordert, zusätzlich einmal wöchentlich in Eigenregie Ausdauerübungen von mindestens 40 Minuten Dauer bei mehr als 70% der maximalen Herzfrequenz durchzuführen und die Durchführung in einem Tagebuch festzuhalten. Die 50 Patienten der Vergleichsgruppe wurden aufgefordert, ihre gewohnte körperliche Aktivität beizubehalten.

Lohn des intensiven Trainings

38 der 50 Patienten der Übungsgruppe nahmen an mindestens 80% der Trainingstermine teil. 17 Patienten berichteten, dass sie auch in der Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten weiterhin regelmässig Ausdauer- und Muskelkräftigungsübungen durchführten. Aber auch fünf Patienten der Vergleichsgruppe berichteten, dass sie zu Hause mindestens zweimal wöchentlich ein Ausdauertraining durchgeführt hatten.

Am Ende der dreimonatigen Studie wurde in der Übungsgruppe eine signifikante Besserung der Müdigkeit, Vitalität, Stimmung und des allgemeinen Gesundheitszustands beobachtet. Beim Schlaf lag die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei der Besserung um ein Zufallsergebnis handelt, bei mehr als 5%, die Besserung galt also nicht als «signifikant». In der Vergleichsgruppe wurde nur eine geringere Besserung beobachtet. Nach zwölf weiteren Monaten ohne hochintensives Training ging die Wirkung, wie zu erwarten, wieder zurück. Immerhin fielen die Werte bei der Müdigkeit, der Vitalität, beim Schlaf und beim allgemeinen Gesundheitszustand nicht wieder auf die zu Studienbeginn beobachteten Ausgangswerte zurück. Die Wirkung bleibt also nicht erhalten, wenn das Training nicht weitergeführt wird, geht aber nur langsam zurück.

Evolution hilft mit

Die beobachteten Auswirkungen des Trainings sind von grosser Bedeutung, denn Müdigkeit und Schlafschwierigkeiten sind zwei der am häufigsten genannten Probleme, bei denen sich Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis eine Besserung erhoffen. Tatsächlich fühlen sich 60% der Patienten durch mangelnden Schlaf beeinträchtigt, und auch Depressionen und Ängste sind häufig. Da die Krankheit gewöhnlich im jungen Erwachsenenalter ausbricht, können die Auswirkungen der Krankheit auf Müdigkeit, Stimmung und Vitalität das soziale und Berufsleben der Betroffenen über eine lange Zeitspanne beeinträchtigen.

Der Mechanismus hinter den beobachteten Auswirkungen auf Müdigkeit, Vitalität, Stimmung, Schlaf und den allgemeinen Gesundheitszustand dürfte mit den Auswirkungen des Trainings auf die Entzündung zusammenhängen. Um sich sein grosses, viel Energie verzehrendes Gehirn trotz des knappen Nahrungsangebots leisten zu können, hat der menschliche Organismus sich im Lauf der Evolution offensichtlich darauf eingestellt, Energie für zusätzliche körperliche Aktivität bereitzustellen, indem er sie von anderen Prozessen wie Entzündungen abzieht, die das Immunsystem sonst kostspielig aufrechterhalten würden. Dass die Auswirkungen nicht über längere Zeit ohne Fortsetzung des Trainings anhielten, war zu erwarten: Das Training wirkt sich nur bei regelmässiger Durchführung auf die Entzündung aus.

Patientengemässer Bericht über die Veröffentlichung „High-Intensity Exercise Improves Fatigue, Sleep, and Mood in Patients with Axial Spondyloarthritis“ von Dr. Silje Halvorsen Sveaas et al., erschienen in Physical Therapy Band 100 (2020) S. 1323–1332.

Quelle: Morbus-Bechterew-Journal-Nr. 164, mit Anpassungen der «vertical»-Redaktion

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