Lässt sich der Bechterew-Verlauf voraussagen? Und gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern?

Anhand welcher Anzeichen lässt sich der Krankheitsverlauf beim Bechterew vorhersagen? Bisherige Studien probierten dies vor allem bei männlichen Betroffenen herauszufinden. Da die verschiedenen Bechterew-Formen bei Frauen und Männern jedoch nicht gleich häufig vorkommen, wollte ein schwedisches Forschungsteam nun herausfinden, wovon das Fortschreiten der Versteifung bei Frauen und Männern abhängt. Und damit eine bessere Prognose für alle ermöglichen.

30. August 2021

Glücklicherweise geht der Morbus Bechterew nicht immer mit einer in nach vorne geneigter Haltung versteiften Wirbelsäule einher. Doch trotz früherer Diagnosestellung und besserer Behandlungsmöglichkeiten bleibt dies für viele Betroffene ein Problem, dem man gerne entgegenwirken möchte. Dazu ist es hilfreich, die Anzeichen zu kennen, die auf eine Versteifung der Wirbelsäule hindeuten. Doch ist eine solche Prognose überhaupt möglich und wie unterscheiden sich die Hinweise bei Frauen und Männern bzw. bei den verschiedenen Formen des Bechterews?

Beim Morbus Bechterew kann die Entzündung vorübergehend und die knöcherne Wirbelüberbrückung auf Dauer zu Beweglichkeitseinschränkungen führen. Da die knöcherne Wirbelsäulenversteifung, also die Umwandlung von Bindegewebe in Knochen, bei männlichen Patienten schneller fortschreitet als bei weiblichen, entwickelt sich aus der nichtröntgenologischen axialen Spondyloarthritis (nr-axSpA) bei Frauen seltener als bei Männern ein Morbus Bechterew mit deutlichen Veränderungen im Röntgenbild der Kreuzdarmbeingelenke. Bereits vorhandene Wirbelbrücken (Syndesmophyten) sind ein wichtiger Vorhersagefaktor für das Fortschreiten der knöchernen Versteifung. Weitere Vorhersagefaktoren sind eine hohe Krankheitsaktivität und Rauchen.

Bisher vor allem Männer erforscht

Da bisherige Studien zu diesem Thema vorwiegend an männlichen Patienten durchgeführt wurden und da weibliche Patienten und ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ebenso auf Informationen zum weiteren Krankheitsverlauf angewiesen sind, haben Anna Deminger und ihre Mitverfasserinnen und -verfasser von mehreren schwedischen Universitäten untersucht, wovon das Fortschreiten der knöchernen Versteifung bei weiblichen und männlichen Bechterew-Patienten abhängt.

Bei 89 männlichen und 77 weiblichen Patienten (total 166 Bechterew- Patienten) wurde untersucht, bei welchen Patienten der sogenannte mSASSS (modifi ed Stoke Ankylosing Spondylitis Spinal Score, Summenmass zur Bewertung radiologischer Wirbelsäulenveränderungen) innerhalb von fünf Jahren um mindestens zwei Punkte zunahm, sich also mindestens eine neue Knochenbrücke (Syndesmophyt) gebildet hat oder an mindestens zwei Wirbelvorderkanten neue Formveränderungen im Röntgenbild sichtbar wurden.

Rauchende Männer und Frauen mit Knochenschwund

Zu Beginn der Studie betrug der mSASSS im Mittel 13,9 auf der 72-Punkte-Skala. Innerhalb der Studiendauer von fünf Jahren stieg er im Mittel um 1,5 Punkte auf 15,4. Der Anstieg betrug bei den männlichen Patienten im Mittel 1,9 Punkte und bei den weiblichen Patienten 1,2 Punkte.

Bei weiblichen Bechterew-Patienten sind Fettleibigkeit, Beweglichkeitseinschränkungen (hoher BASMI [Bath Ankylosing Spondylitis Metrology Index, Summenmass für die Bewegungseinschränkungen]) und eine Behandlung mit Bisphosphonaten (eine Gruppe von Medikamenten gegen Osteoporose) voneinander unabhängige Vorhersagefaktoren.

Die Analyse der Studienergebnisse ergab, dass bei männlichen Patienten Fettleibigkeit, Rauchen, bereits vorhandene Wirbelbrücken (Syndesmophyten) und ein hoher Entzündungs- Laborwert CRP voneinander unabhängige Vorhersagefaktoren für ein Fortschreiten der knöchernen Wirbelsäulenversteifung sind.

Patientengemässer Bericht über die Veröffentlichung «A five-year study of spinal radiographic progression and its predictors in men and women with ankylosing spondylitis » von Anna Deminger, Eva Klingberg, Mats Geijer, Jan Göthlin, Martin Hedberg, Eva Rehnberg, Hans Carlsten, Lennart T. Jacobsson und Helena Forsblad-d’Elia, erschienen in «Arthritis Research & Therapy », Band 20 (2018), Artikel 162 Quelle: Morbus-Bechterew-Journal Nr. 164 (März 2021), mit Anpassungen der «vertical»-Redaktion

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Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift «vertical» Nr. 89 erschienen.