Von der Stichprobe bis zu den Ergebnissen

Das Zentrum für experimentelle Rheumatologie des Universitätsspitals Zürich lud zu einem Tag der offenen Tür ein. Ziel war es, den Betroffenen einen Einblick in die Arbeit der Forschenden zu geben. Und sie für eine langfristige Zusammenarbeit zu gewinnen. Denn sowohl Forschende wie auch Betroffene brauchen einander.

2. Dezember 2022

Es wird so viel geforscht wie nie zuvor. Gerade in der Medizin erlebt die Forschung einen Höhenflug – auch aufgrund des Coronavirus. Und immer häufiger wollen oder sollen Betroffene in dieser regen Forschungstätigkeit nicht mehr einfach passives Objekt sein, sondern einen eigenen Beitrag leisten. Davon profitieren sowohl die Forschung und letztlich auch die Betroffenen selbst. In immer mehr wissenschaftlichen Studien und Projekten werden deshalb Betroffene aktiv eingebunden.

Drei Standorte mit europäischer Ausstrahlung

Forschende und Betroffene näher zusammenzuführen und der Forschung damit zusätzlichen Schub zu verleihen, hat sich auch das Zentrum für experimentelle Rheumatologie des Universitätsspitals Zürich (USZ) vorgenommen. Das Institut ist ein europäisches Referenzzentrum für die Rheumaforschung, das pro Jahr rund 80 Studien veröffentlicht. Es ist ein Zusammenschluss von USZ und der Universitätsklinik Balgrist und es ist in verschiedene nationale und internationale Forschungsnetzwerke eingebunden. Am Zentrum sind sowohl klinisch tätige Rheumatologinnen wie auch Biologen, Pharmazeutinnen und weitere Expertinnen und Experten tätig. Geforscht wird am modernen «Balgrist Campus» und im «BioTechnopark» am Standort Schlieren des USZ. Und genau dorthin wurden im September Betroffene und weitere Interessierte zum ersten Tag der offenen Tür des Forschungszentrums eingeladen.

Rund 50 Teilnehmende liessen sich von den Forschenden aus erster Hand erklären, wo ihre Forschungsschwerpunkte liegen und welches ihre aktuellen Fragestellungen sind. Dabei ging es um die verschiedenen rheumatischen Krankheitsbilder genauso wie darum, was eigentlich mit einer Gewebe- oder Blutspende im Labor passiert. Auf einem Rundgang durch verschiedene Laborräumlichkeiten wurden die Betroffenen mitgenommen auf die spannende Reise von der Forschungsprobe bis hin zu der Veröffentlichung der Studienergebnisse. Die Forschenden berichteten sehr engagiert von ihrer Arbeit und es durften jederzeit Fragen gestellt werden, was von den Teilnehmenden auch rege genutzt wurde.

Ein grosses Team

Dabei zeigte sich, dass der Wissensstand nicht bei allen Teilnehmenden gleich war. Es schien die eine oder andere Person dabei zu sein, die sich schon davor intensiv mit der Forschung über die eigene Erkrankung beschäftigt hatte. Oder die vielleicht sogar selbst in einem Forschungslabor beruflich tätig ist. So ergaben sich während des Rundgangs und beim anschliessenden Apéro interessante Diskussionen, die bereits in die Richtung der von den Wissenschaftern angestrebten Zusammenarbeit mit den Betroffenen wiesen.

Denn die Veranstaltung war auch eine Art Kick-off-Veranstaltung für ein Projekt zur Integration der Patientenperspektive in wissenschaftliche Studien. Die Forschenden erhoffen sich eine langfristige Zusammenarbeit mit den Betroffenen. Deren Perspektive soll in jeder Phase eines Forschungsprojekts eingebunden werden, so Florian Klett, der für das entsprechende Projekt verantwortlich ist. Es gehe darum, das Erfahrungswissen der Patienten für die Forschung nutzbar zu machen. Bis Ende Jahr können sich interessierte Betroffene nun melden, um ihr Interesse an einer Teilnahme anzumelden (siehe Box). Ab 2023 sollen dann zunächst eine Schulungsveranstaltung sowie anschliessend regelmässige Austauschtreffen stattfinden. Diese Zusammenarbeit solle auch Spass machen, betonte der Projektverantwortliche. Das Ziel der Forschenden ist, Patientinnen und Patienten als Partner in die Forschungsprojekte mit einzubeziehen und auf Augenhöhe mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie sollen zu Teammitgliedern werden und nicht nur als Studienpatientinnen agieren.

Lösungen für die drängendsten Probleme

Das Forschungszentrum sieht darin eine langfristige Initiative. Denn auch der Weg von einer ersten Studie bis zu einer bahnbrechenden Erkenntnis oder einem neuen Medikament ist lange. Und nicht überall auf diesem Weg können Betroffene einen Beitrag leisten. Dennoch sind die Forschenden des Zentrums für experimentelle Rheumatologie überzeugt, dass mit diesem Ansatz sowohl Betroffene wie auch die Forschung weitergebracht werden können. Sie sind deshalb sehr daran interessiert, zu erfahren, welches die drängendsten Probleme von Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung sind, um nach Lösungen dafür zu suchen. Dazu braucht es neben der Zusammenarbeit mit den Betroffenen weiterhin einen möglichst intensiven Austausch zwischen behandelnden Ärztinnen und Ärzten, Forschenden und weiteren Fachpersonen.

Forschung für Betroffene nach wie vor sehr wichtig

Denn es bleibt noch viel zu tun. Die heutigen Therapiemöglichkeiten beim Morbus Bechterew sind der Forschung der letzten Jahrzehnte zu verdanken. Und die Forschung ist auch den SVMB-Mitgliedern ein wichtiges Anliegen. So haben bei der Mitgliederumfrage 94 % der Betroffenen angegeben, dass ihnen Forschung mit dem Ziel, die Behandlungsmöglichkeiten gegen Morbus Bechterew zu verbessern, wichtig ist. 70 % der Teilnehmer ist es wichtig, mehr über die Ursachen und Auslöser von Morbus Bechterew zu erfahren. Nun können sie also auch selbst dazu beitragen, indem sie zu «Forschungspartnern» werden.

«Patienten-Forschungspartner» gesucht

Betroffene mit Morbus Bechterew und weiteren rheumatischen Erkrankungen sind aufgerufen, sich bis Ende Jahr beim Zentrum für experimentelle Rheumatologie des Universitätsspitals Zürich (USZ) zu melden. Ziel ist eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und Forschenden. Anfang 2023 findet eine erste Schulung statt, worauf regelmässige Austauschtreffen folgen werden. Voraussetzungen sind Erfahrungen mit der Krankheit, Interesse an der Forschung und die nötige Zeit für die Treffen. Die Betroffenen sollten ausserdem kommunikativ sein, grundlegende Englischkenntnisse haben und etwas digitale Erfahrung mitbringen. Interessierte können sich bis Ende Jahr bei Kristina Bürki, Pflegeexpertin am USZ, unter kristina.buerki@usz.ch oder 043 253 06 35 melden.

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift «vertical» Nr. 94 erschienen.