«Die Umstellung dauerte eine Weile»

Ursprünglich Zimmermann, lässt sich Michael Jaeggi (30) aus Rämismühle-Zell im Zürcher Tösstal derzeit zum Holzbautechniker weiterbilden. Auch durch seine zwei kleinen Kinder läuft immer etwas. Dank einer Biologikatherapie ist er heute mehrheitlich schmerzfrei. (lg)

13. September 2021

«In der Lehre zum Zimmermann hatte ich oft Rückenschmerzen, was von meinem Hausarzt auf eine Überlastung durch die Arbeit zurückgeführt wurde. Ich nahm deshalb viel Schmerzmittel. Rückblickend waren es Schübe des Bechterews. Ich konnte nicht einmal mehr meine Socken anziehen, obwohl ich in meiner Jugend noch sehr sportlich war, viel Fussball spielte und Skateboard fuhr.

Nach der Lehre kam ich in die Rekrutenschule (RS) und begann dann noch die Unteroffiziersschule. Von dort wurde ich aber nach zwei Wochen nach Hause geschickt, weil offensichtlich war, dass ich ein gesundheitliches Problem hatte. Ab dann wurde ich erstmals gründlich abgeklärt und erhielt schliesslich die Diagnose. Ich war sehr froh, endlich zu wissen, woran ich litt. Nach anfänglicher Schmerzmitteltherapie habe ich eine Biologikatherapie begonnen, dank der ich seit rund sechs Jahren mehrheitlich schmerzfrei bin. Dennoch dauerte die Umstellung auf mein neues Leben mit dem Bechterew eine Weile.

Seit der Diagnose achte ich mehr auf meine Gesundheit und ich wurde feinfühliger. Ich halse mir nicht mehr so viel auf und probiere so Stress zu reduzieren. Ich will schliesslich Sorge tragen zu meiner Wirbelsäule, die mich durch das Leben trägt. Seit ich verheiratet bin und zwei Kinder habe, wurde ich auch deutlich ruhiger.

Zimmermann war Traumberuf

Trotz der früheren starken Schmerzen habe ich lange in meinem Beruf als Zimmermann weitergearbeitet. Als dann das Thema Umschulung aktuell wurde, habe ich mich zuerst gesträubt. Ich tat mich schwer bei der Berufswahl, denn ich wollte nicht abhängig sein und Zimmermann war mein Traumberuf, aber durch das Heben von schweren Gegenständen und die manchmal widrigen Wetterbedingungen ist es eine grosse Belastung für den Körper. Nun absolviere ich seit knapp zwei Jahren berufsbegleitend die Ausbildung zum Holzbautechniker, arbeite an drei Tagen als Praktikant in einem Holzbaubetrieb und besuche an eineinhalb Tagen die Höhere Fachschule. Es war eine gute Entscheidung und durch die Unterstützung wurde viel Druck von mir genommen. Seit Corona findet der Unterricht, der vorher in Ziegelbrücke war, virtuell statt. Dadurch bin ich mehr zu Hause und kann meine Frau, die ausgebildete Pflegefachfrau ist, bei der Kinderbetreuung unterstützen.

Im Büro erstelle ich mittels CAD (computer-aided design) Pläne und bereite nun die Projekte vor, die von anderen Zimmermännern und Zimmerinnen dann umgesetzt werden. Da ist es sehr wertvoll, dass ich diese Arbeit selbst kenne und ein grosses Hintergrundwissen habe. Den Kontakt mit der Branche und den Kollegen schätze ich sehr. Bei schönem Wetter vermisse ich es manchmal, draussen zu arbeiten.

«Fünf Minuten, dafür aber regelmässig»

Durch die Arbeit im Büro habe ich weniger Bewegung als vorher, dafür mache ich sonst wieder etwas mehr Sport. Zudem mache ich jeden Tag gezielte Bechterew-Übungen. Zwar nur etwa fünf Minuten, aber dafür regelmässig. Zugute kommt mir auch, dass wir direkt an der Töss wohnen, an der wir am Abend noch spazieren gehen können.

Meine Frau und ich kennen uns bereits aus der Schulzeit und wir waren später über ein Jahr zusammen auf einer Weltreise. Zu unseren Hobbys gehört unter anderem das Töfffahren. Ausserdem habe ich die Ausbildung als Rettungstaucher gemacht und knapp 200 Tauchgänge absolviert. Ich habe auch das Fischerpatent und gehe gelegentlich gerne fischen. Daneben koche ich gerne oder spiele mit den Kindern. Auf unserer Weltreise haben wir auch selbst Spiele entwickelt, an denen wir immer noch Freude haben.»

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift «vertical» Nr. 89 erschienen.