Corona-Impfung wirkt trotz Immunerkrankung gut

Darmentzündung, Schuppenflechte oder eben der Morbus Bechterew sind Beispiele für Erkrankungen, bei denen das Immunsystem falsch und überschiessend reagiert und bei denen Betroffene einer Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten bedürfen. Wie gut solche Patientinnen und Patienten auf eine Corona-Impfung ansprechen, wurde nun von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern des Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) am Universitätsklinikum Erlangen untersucht.

16. August 2021

Ihre Studie zählt zu den weltweit ersten Forschungsarbeiten, die sich mit dieser Thematik befassen und Ergebnisse erbracht haben. Die Studie wurde nun in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift «Annals of the Rheumatic Diseases» veröffentlicht.

Die gute Nachricht zuerst: Die Corona- Impfung ist für Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen sogar verträglicher als für Gesunde. So kamen Reaktionen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Gelenkschmerzen bei Patienten mit Immuntherapien deutlich seltener vor als bei Gesunden. Mit diesem Studienergebnis können die Erlanger Experten das Gerücht entkräften, dass Patienten mit Rheuma, Darmentzündung und Schuppenflechte aufgrund ihres veränderten Immunsystems vielleicht eine überschiessende Reaktion auf die Corona-Impfung erleiden. Fazit: Bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen spricht nichts gegen eine Corona-Impfung.

Gutes Ansprechen, aber schwächere Immunantwort

Die weniger gute Nachricht ist, dass nicht alle Patienten mit entzündlichen Erkrankungen auch ausreichend auf die Corona-Impfung mit einem m-RNA-Impfstoff ansprechen und einen Immunschutz gegen SARS-CoV-2 entwickeln. Während von knapp 270 Probanden nur einer von hundert Gesunden (1:100) keine neutralisierenden Antikörper gegen das Coronavirus entwickelt, ist es bei Patienten mit einer Immuntherapie hingegen einer von zehn (1:10). Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings auch, dass die allermeisten Patienten mit chronischentzündlichen Erkrankungen gut auf die Impfung ansprechen. Interessanterweise sind die entzündungshemmenden Therapien offensichtlich gar nicht die Ursache für das verminderte Ansprechen mancher Patienten, sondern die Erkrankung an sich. Somit gebe es auch keinen Grund dafür, mit der Einnahme dieser Medikamente zum Impftermin zu pausieren, sagen die Leiter der Erlanger Studie.

Vom starren Regime zur individuellen Strategie

«Nicht alle reagieren gleich», meint PD Dr. David Simon, Assistenzarzt der Medizinischen Klinik für Rheumatologie und Immunologie des Universitätsklinikums Erlangen, der die Studie betreut. «Deshalb ist es bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen ratsam, die Impfantwort zwei Wochen nach der zweiten Impfung zu bestimmen.» Im Falle eines Nicht-Ansprechens sind grundsätzlich verschiedene Wege denkbar, wobei der wohl beste eine neuerliche Impfung ist – idealerweise dann auch mit einem anderen Impfpräparat.

Während aktuell ein starres Impfregime für die Eindämmung der Corona-Pandemie von zentraler Bedeutung ist, wird es in Zukunft in gewissen Fällen sicherlich notwendig sein, die Impfstrategie individuell anzupassen, eine neuerliche (dritte) Impfung durchzuführen bzw. auch das Impfpräparat zu wechseln.

Die Studie wurde am Deutschen Zentrum Immuntherapie am Universitätsklinikum Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. med. univ. Georg Schett, Prof. Dr. Markus F. Neurath, Prof. Dr. Carola Berking und Prof. Dr. Michael Sticherling durchgeführt. Unterstützt wurden die Forscher durch Mittel des Freistaats Bayern, der Schreiber Stiftung sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Quelle: DeutschesGesundheitsPortal.de, mit Anpassungen der «vertical»-Redaktion

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift «vertical» Nr. 89 / August 2021 erschienen.