Von der «Bechterew-Persönlichkeit» zur inneren Widerstandskraft

Menschen mit Morbus Bechterew hatten lange Zeit den Ruf, besonders aktiv und ambitioniert zu sein. Die «Bechterew-Persönlichkeit» wurde mit der Notwendigkeit des eigenen Beitrags in der Therapie begründet. Durch den Fortschritt in der Medizin und gesellschaftliche Veränderungen hat sich dieses Bild gewandelt. Heute gibt es beinahe so viele Strategien im Umgang mit dem Bechterew wie individuelle Lebensläufe. Doch ein aktiver Umgang ist und bleibt wichtig.

Lars Gubler • 30. November 2019

Hie und da hört man, dass Menschen mit Morbus Bechterew mit einer speziellen Art von Persönlichkeit ausgestattet seien. Sogar in einschlägigen Fachbüchern ist davon die Rede. Dort steht zum Beispiel, dass Bechterew-Betroffene in der Therapie dankbare Patienten seien, da sie aus freien Stücken einen grossen Beitrag zum Therapieerfolg leisten. Dies sei damit zu begründen, dass die positiven Effekte einer aktiven Beteiligung an der Therapie für die Betroffenen kurz- und langfristig derart offensichtlich seien, dass es für sie eigentlich keinen anderen Weg gebe. Doch nicht nur in Sachen Sport und Bewegungstherapie wurde den Bechterew-Betroffenen lange Zeit eine besonders aktive Einstellung zugeschrieben. Sei es im Beruf, in der Familie oder bei ehrenamtlichen Engagements: Menschen mit Morbus Bechterew wurden häufig als Machertypen beschrieben, die immer das Positive sehen. Auch ist zum Beispiel von Gästen, die an Veranstaltungen der Bechterew-Vereinigung teilnehmen, oftmals zu hören, dass sie erstaunt seien, wie fröhlich es da zu und her geht. Doch wie viel Sinn macht es, einem Krankheitsbild einen eigenen Persönlichkeitstypus zuzuordnen? Sind die Lebensläufe und Charaktereigenschaften der Betroffenen nicht viel zu verschieden, um nur aufgrund der Krankheit auf eine gemeinsame Persönlichkeitsstruktur zu schliessen?

Rund ein Drittel «oft frustriert»

Der Bechterew gehört als chronische Krankheit zweifelsohne zu den prägenden Dingen im Leben der Betroffenen. Doch wie jede einzelne Person damit umgeht, hängt von verschiedenen Faktoren ab – nicht zuletzt auch vom individuellen Krankheitsverlauf. So unterschiedlich diese Verläufe sein können, so stark schwanken die Beschwerden auch von einem Tag zum nächsten. So kann es sein, dass man sich an einem Tag gut fühlt und sich unzähligen Dingen zuwendet. Und am nächsten Tag wird man von starken Beschwerden eingeholt und verfällt dadurch – verständlicherweise – beinahe in eine Art Lethargie, also in einen Zustand, in dem man sich für fast nichts mehr interessieren kann. Diese Schwankungen sind sowohl für die Betroffenen selber, aber auch für ihr Umfeld manchmal schwer nachzuvollziehen. Auch der ASAS-Gesundheitsfragebogen der internationalen Expertengruppe «Assessment of SpondyloArthritis international Society» ASAS für Bechterew-Betroffene erhält Fragen zur emotionalen Funktionsfähigkeit und zur sozialen Teilhabe. Ziel dieses Fragebogens ist, nicht nur Symptome wie Schmerzen oder Steifheit zu erfassen, sondern auch emotionale und soziale Probleme, die mit dem Bechterew einhergehen können. Denn diese Probleme sind aufgrund ihres subjektiven Charakters häufig nicht exakt zu erfassen. So erhält der ASAS-Fragebogen zum Beispiel die Aussage «Ich bin oft frustriert», welche die Betroffenen mit «Ich stimme zu» oder «Ich stimme nicht zu» beantworten können. Bei der letzten grossen SVMB-Mitgliederumfrage vom November 2016, in welcher der ASAS-Fragebogen ebenfalls enthalten war, beantworteten 305 (34,8 %) Personen diese Frage mit einem «Ja» und 571 (65,2 %) mit einem «Nein». Etwas mehr als ein Drittel der befragten Personen sagt also von sich, dass sie oft mit Frustrationen zu kämpfen haben.

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