Morbus Bechterew – axSpA und Osteoporose: Frühzeitig Gegensteuer geben!

Menschen mit Morbus Bechterew – aSpA sind überdurchschnittlich häufig von Osteoporose betroffen. Der Knochenschwund wird durch die Entzündung begünstigt und kann zu Knochenbrüchen führen. Viel Bewegung ist für Bechterew-axSpA-Betroffene daher umso wichtiger – neben einer bewussten Ernährung und genügend Sonne.

Zuletzt aktualisiert am 10. Oktober 2025

Etwas, das porös ist, ist nicht stabil – es droht zu zerbrechen. Wie eine Wand mit Rissen oder eine Küste, die von den Wellen immer mehr weggefressen wird und schliesslich ganz im Meer verschwindet. So ähnlich kann es auch unseren Knochen ergehen. Als Laien gehen wir zwar häufig davon aus, dass unser Skelett etwas Stabiles ist, das uns über Jahrzehnte durchs Leben trägt. Es braucht zwar Unterstützung durch die Muskeln, aber ansonsten tut das Skelett seine Arbeit relativ unauffällig.

Dies ist im Fall von Morbus Bechterew – aSpA oder Osteoporose etwas anders. Beim Morbus Bechterew haben wir entzündliche Prozesse, sehr häufig in den Iliosakralgelenken oder in der Wirbelsäule, die starke Schmerzen bereiten. Bei der Osteoporose handelt es sich – einfach ausgedrückt – um eine Abnützung der Knochen im Laufe der Lebensjahre, genauer gesagt: um eine Abnahme der Knochendichte. Knochen haben eine Materialdichte, so wie Wasser oder irgendein anderes Element. Diese Dichte an Knochenbälkchen und die Knochenwand kann man messen, mit der so genannten Dual-Energy-Röntgen-Absorptiometrie (DEXA). Das Gerät, das gebraucht wird, um diesen Wert zu ermitteln, nennt man Densitometer. Es misst die Dichte der so genannten Knochenbälkchen und die Knochenwand, die sich wie ein Netz durch unsere Knochen ziehen. Dieses Netz ist ständig in Veränderung, durch die Arbeit der Knochenzellen werden Bälkchen auf- und wieder abgebaut. Im schlimmsten Fall brechen einzelne Verbindungen zusammen und es entstehen Löcher im Netz oder die Knochenwand wird dünner. Dann spricht man von Osteoporose.

Entzündung fördert Knochenabbau

Doch wieso sind Menschen mit Morbus Bechterew – aSpA besonders gefährdet, an Osteoporose zu erkranken? Zunächst einmal ist es wichtig, zu wissen, dass man die Osteoporose normalerweise nicht bemerkt. Sie entwickelt sich schmerzlos und wird erst dann zum Thema, wenn es zu einem Knochenbruch kommt. Und dann ist es meistens schon fünf vor zwölf, um mit einer Therapie zu beginnen. Deshalb ist es sinnvoll, das Risiko für eine Osteoporose bei Bechterew-axSpA-Betroffenen gezielt in die Abklärung einzubeziehen. Denn die entzündlichen Prozesse in den Gelenken, die auch die Schmerzen und bei einem schweren Verlauf die Versteifung der Wirbelsäule verursachen, haben einen Einfluss auf die Knochendichte.

Bei Osteoporose und Morbus Bechterew – aSpA sind viele verschiedene Faktoren im Spiel. Neben dem Krankheitsverlauf von Morbus Bechterew – aSpA spielen auch Alter und Geschlecht der erkrankten Person eine wichtige Rolle. Sehr wichtig bei der Beurteilung eines Osteoporose-Risikos ist auch die erbliche Veranlagung.

Der Faktor Alter

Beim Faktor Alter ist es so, dass bei jedem Menschen die Knochendichte ab dem 50. Altersjahr in der Regel abnimmt – ungeachtet von Morbus Bechterew – aSpA. Ab ungefähr diesem Zeitpunkt sind in den Knochen mehr abbauende (Osteoklasten) als aufbauende Knochenzellen aktiv (Osteoblasten). Bei Frauen beginnt dieses Gleichgewicht zudem nach der Menopause zu kippen. Bei Menschen mit Morbus Bechterew – aSpA kann dieses «Kippen» jedoch schon früher einsetzen, vor allem, wenn der Bechterew schon früh aktiv wurde. Dies führt dazu, dass die Osteoporose bei Bechterew-axSpA-Betroffenen nicht nur ausgeprägter auftreten kann, sondern auch früher. Und je länger der Krankheitsverlauf von Morbus Bechterew – aSpA ist, desto höher ist das Osteoporose-Risiko.

Schwierige Erhebung

Aufgrund des erhöhten Risikos sollten regelmässig Knochendichte-Messungen durchgeführt werden. Dies wird jedoch nicht bei allen Bechterew-axSpA-Betroffenen gemacht. Im SCQM-Fragebogen gibt es schon seit Beginn der Bechterew-Studie einen Abschnitt zum Thema Osteoporose. Die Krux für die Auswertung und Interpretation dieser Daten liegt wohl nicht in der Erhebung der Daten, sondern im Krankheitsbild selber. So lange keine deutlichen Anzeichen sichtbar sind, wird ein Arzt weniger häufig eine Knochendichteuntersuchung vornehmen.

Doch die DEXA-Messung ist leider nicht der Weisheit letzter Schluss. Man kommt immer mehr weg davon, allein aufgrund dieser Messung eine Diagnose zu stellen. Vielmehr gibt es heute verschiedene ausgeklügelte Anamnese-Tools, welche die behandelnden Ärzte benutzen, um das Frakturrisiko eines Patienten angemessen beurteilen zu können. Denn gerade bei Bechterew-axSpA-Betroffenen ist die Messung an der Wirbelsäule aufgrund der zusätzlichen Knochenmasse (Syndesmophyten oder Knochenbrücken) nicht zuverlässig genug.

Bechterew-Gymnastik und Tai-Chi

Frakturen im Zusammenhang mit Osteoporose finden nicht immer spontan statt, sondern sind häufig die Folge von Stürzen. Es gibt jedoch wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass das Sturzrisiko mit gezielten Trainings reduziert werden kann, so dass die ohnehin geschwächten Knochen gar nie einem Schlag ausgesetzt werden. So soll zum Beispiel das chinesische Schattenboxen, das Tai-Chi, wenn es regelmässig geübt wird, gerade bei älteren Menschen die Stabilität der Bewegungen erhöhen. Die langsamen, kontrollierten Bewegungen führten gemäss einer Studie dazu, dass die «Schattenboxer»-Gruppe deutlich seltener hinfiel als die Gruppe, welche kein Tai-Chi-Training absolvierte. Auch spezielle Tanzformen (z.B. nach Jaques-Dalcroze) konnten eine Verminderung der Stürze bewirken.

Sei es Tai-Chi oder die Bechterew-Gymnastik, die bei Morbus Bechterew – aSpA sowieso empfohlen wird: Ganz wichtig ist bei Osteoporose die so genannte Muskelfunktion oder Muskelkompetenz. Und diese hängt eben auch von der Muskelmasse ab. So liegt es auf der Hand, dass auch bei Osteoporose die Bewegung eine wichtige Rolle spielt. Man sollte sich also möglichst viel bewegen, da dies sozusagen «automatisch» das Sturzrisiko reduziert. Vor allem im Winter wird auch eine zusätzliche Abgabe von Kalzium und dem «Sonnenvitamin» D3 empfohlen, da dieses einen antientzündlichen Effekt hat und das Wachstum der Muskelfasern stimuliert.

Daran denken!

Wenn eine Osteoporose aber erst einmal festgestellt worden ist, führt oftmals kein Weg an einer medikamentösen Behandlung des Knochenschwunds vorbei. Zu den üblichen Medikamenten gehören unter anderem sogenannte Bisphosphonate, welche dazu führen, dass die Lebensdauer der abbauenden Knochenzellen (Osteoklasten) verkürzt wird. Weil uns unsere Knochen oft so selbstlos und unbemerkt durchs Leben tragen, sind wir uns der Wichtigkeit gesunder Knochen vielleicht nicht mehr so bewusst. Erst wenn wir Schmerzen haben oder uns nicht mehr so bewegen können, wie wir gerne würden, nehmen wir deren Wichtigkeit zur Kenntnis. Oft werden Schmerzen im Rücken oder Nackenbereich aber fälschlicherweise als Schub interpretiert. Es könnte sich aber auch um eine durch Osteoporose verursachte Wirbelfraktur handeln. Deshalb ist es wichtig, bei Morbus Bechterew – aSpA immer das erhöhte Osteoporose-Risiko im Hinterkopf zu behalten.

So können Sie den Knochenbau unterstützen

Für eine individuelle Osteoporose-Prävention oder -Behandlung sprechen Sie am besten mit Ihrem Hausarzt oder Rheumatologen. Dies sind die wichtigsten Punkte zur Prävention (Quelle: Schweizerische Vereinigung gegen die Osteoporose, Empfehlungen 2025):

  • genügende Kalziumzufuhr (1000 mg/Tag)
  • genügende Vitamin-D-Versorgung (≥800 E/Tag, ev.. Vitamin-D-Supplementation)
  • ausgeglichene Ernährung mit genügender Eiweisszufuhr (1g/kg KG)
  • regelmässige körperliche Aktivität
  • Sturzprophylaxe
  • Vermeidung von Risikofaktoren (Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum; Einnahme von Medikamenten, welche den Knochenstoffwechsel beeinflussen [Glukokortikoide, Antiepileptika, suppressive Schilddrüsenhormontherapie u. a.])
  • Hormonsubstitution bei Hypogonadismus
  • Evtl. eine Hormonersatztherapie bei Frauen in der Peromenopause unter spezieller Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses.

Überarbeitete Version eines Artikels aus der Zeitschrift «vertical» Nr. 67.