Menschen mit Morbus Bechterew sind neben den Beschwerden der Krankheit zusätzlich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Dazu gehört auch der Umgang mit Krankenkassen, Versicherungen, Behörden oder dem Arbeitgeber. In diesem Zusammenhang stellen sich rechtliche Fragen, die je nach Lebenslage verschiedene Aspekte betreffen.
Häufige Fragen und Antworten auf einen Blick
In der Schweiz gibt es zwei verschiedene Rückerstattungssysteme bei den Krankenkassen. Bezahlt die betroffene Person die Arzt- und Apothekenrechnung selbst und bekommt den Betrag von der Krankenkasse zurückerstattet, spricht man vom sogenannten „tiers garant“-System. Dies kann bei teuren Medikamenten wie beispielsweise TNF-Alpha-Hemmern, problematisch sein. Kommt das sogenannte „tiers payant“-System zur Anwendung, werden die Medikamente direkt der Krankenkasse in Rechnung gestellt und die versicherte Person braucht die Kosten nicht vorzuschiessen.
Tipp: Informieren Sie sich, welches Modell bei Ihrer Krankenkasse für die Kostenübernahme von Medikamenten zur Anwendung kommt.
Wichtig: Pro ärztliche Verordnung werden die Kosten von höchstens 9 Sitzungen während 3 Monaten übernommen. Danach ist eine erneute ärztliche Verordnung nötig. Bei einer Fortsetzung der Physiotherapie über 36 Therapiesitzungen hinaus finanzieren die Krankenkassen diese nur auf Anordnung ihres Vertrauensarztes. Dasselbe gilt, wenn innerhalb eines Zeitraumes von 3 Monaten mehr als 9 Sitzungen benötigt werden.
Tipp: Vor Antritt einer Badekur sollten Sie beim Krankenversicherer nachfragen, ob das ausgewählte Heilbad zugelassen ist und welche Therapie-Leistungen übernommen werden. Informieren Sie sich auch über Ihre Zusatzversicherungen, da diese höhere Beiträge und auch Aufenthalte im Ausland vorsehen können.
Wichtig: Kündigen Sie nie eine Zusatzversicherung, ohne sich vorher bei einer anderen Krankenkasse genau über die Aufnahmebedingungen für Zusatzversicherungen informiert zu haben. Im Bereich der Zusatzversicherungen können Versicherer nämlich Personen ablehnen, Prämien nach Alter und Geschlecht festlegen, sowie Vorbehalte aufgrund des Gesundheitszustandes einer Person anbringen.
Ist dies nicht der Fall, darf die Erkrankung verschwiegen werden. Bei einer direkten Frage des Arbeitgebers, ob man an irgendwelchen Krankheiten leidet, darf dies auch verneint werden.
Wichtig: Dies gilt nur für die freiwillige überobligatorische berufliche Vorsorge (d.h. ab einem versicherten Jahreslohn von mehr als 84‘600 Franken). Für den Lohn bis 84‘600 Franken sind Sie beispielsweise bei Invalidität, versichert und würden eine entsprechende Invalidenrente der Pensionskasse erhalten, da dort die Pensionskasse keine Vorbehalte machen darf.
Achtung: Eine freiwillige Reduktion des Arbeitspensums führt jedoch zu einer Lohnreduktion, was im Falle einer späteren Invalidität zu einer geringeren Rente führen könnte. Daher ist es wichtig, dass die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt in der Krankengeschichte dokumentiert, dass eine verminderte Leistungsfähigkeit vorliegt, denn so muss die IV beim Eintritt einer Invalidität davon ausgehen, dass Sie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung in einem 100%-Pensum erwerbstätig wären.
Andernfalls können Sie sich an die IV wenden, da diese speziell für Behinderungen angefertigte Hilfsmittel abgibt und deren Finanzierung teilweise oder ganz übernimmt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass entweder bereits eine Invalidität eingetreten ist (was grundsätzlich erst 1 Jahr nach Eintreten der Arbeitsunfähigkeit der Fall ist) oder, dass die Hilfsmittel im Rahmen der Frühintervention der IV abgegeben werden, was eine Anmeldung bei der IV erfordert. Schliesslich übernimmt die IV auch nur die Kosten, welche 400 Franken überschreiten.
Tipp: Die Anmeldung bei der IV muss nicht die Ausrichtung einer Invalidenrente zum Ziel haben. Sie kann auch schon vorgenommen werden, wenn eine Arbeitsunfähigkeit droht, diese aber noch nicht zwingend eingetreten ist, mit dem Ziel den Arbeitsplatz zu erhalten bzw. das Eintreten einer Invalidität zu verhindern.
Tipp: Spätestens zum Zeitpunkt der ärztlich bestätigten Arbeitsunfähigkeit, sollten Sie sich bei der IV anmelden, wenn Sie davon ausgehen, dass diese länger andauern wird, da bis zur Ausrichtung einer allfälligen Invalidenrente oft mehrere Jahre vergehen können.
Beispiel: Herr Müller ist zu 50 % arbeitsunfähig wegen seiner Erkrankung. Da er erst seit weniger als einem Jahr bei seinem Arbeitgeber tätig ist besteht eine gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht von 3 Wochen. Bei einer 50% Arbeitsunfähigkeit bekommt Herr Müller während 6 Wochen den vollen Lohn, danach nur noch den Lohn für die effektiv geleistete Arbeit. Eine Kündigung wäre bei einer Kündigungsfrist von einem Monat also erst nach 2 Monaten effektiv, wegen der Sperrfrist.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann mit Arbeitslosentaggeldern der Zeitraum bis zum Erhalt einer Invalidenrente oder der Besserung des Gesundheitszustandes überbrückt werden.
Daher sollte die Anmeldung bei der IV immer möglichst früh erfolgen, spätestens jedoch 6 Monate nach dem Beginn der Erkrankung bzw. der Arbeitsunfähigkeit. Da das IV-Verfahren mehrere Jahre dauern kann, wird die Rente meistens erst ab einem späteren Zeitpunkt ausgerichtet, dafür aber rückwirkend auf den Zeitpunkt 6 Monate nach der Anmeldung.
Für Bechterew-Patienten sind vor allem Umschulungen relevant, da so die Umschulung in einen körperlich weniger belastenden Beruf vorgenommen werden kann, damit die Arbeitsfähigkeit erhalten werden kann. Beispielsweise die Umschulung vom Maurer zum Hochbauzeichner.
Die IV übernimmt dabei die Kosten für die Ausbildung und richtet Taggelder während der Dauer der Massnahme aus.
Tipp: Die Massnahmen der IV erfordern eine aktive Mitwirkung, können aber finanzielle Engpässe überbrücken, da die Massnahmen sofort nach Eingang des Gesuches beginnen können und ein Taggeld ausgerichtet werden kann, während bis zur Ausrichtung einer Rente mehrere Jahre vergehen können.
Beispiel: Wurde vor der Invalidität ein Jahreseinkommen von 60‘000 Franken erzielt und kann nach der Umschulung noch ein Jahreseinkommen von 35‘000 Franken erzielt werden, liegt ein Invaliditätsgrad von 41.6% vor.
Die Pensionskasse wird eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge nach dem Entscheid der Invalidenversicherung ausrichten. Dabei ist der Invaliditätsgrad, den die IV festgestellt hat, massgebend.
Achtung: Eine Invalidenrente wird erst ab einem Invaliditätsgrad von 40% ausgerichtet.
Grundsätzlich gibt es keine anlasslose regelmässige Kontrollfahrt. Ist aber beispielsweise ein älterer Fahrzeuglenker durch Fahrfehler auffällig geworden, die auf einem altersbedingten Leistungsabfall beruhen können ist die Anordnung einer Kontrollfahrt gerechtfertigt, wie das Bundesgericht in einem Entscheid festgestellt hat. Analoges gilt auch für Menschen mit Morbus Bechterew, so dass eine Kontrollfahrt nur angeordnet werden darf, wenn dieser gewisse Auffälligkeiten im Strassenverkehr vorausgegangen sind.
Wichtig: Gegen die Anordnung einer Kontrollfahrt kann Beschwerde geführt werden, sollte diese unrechtmässig angeordnet worden sein. Gegen das Resultat einer Kontrollfahrt hingegen nicht.
Je nach Resultat der Kontrollfahrt und der ärztlichen Abklärungen kann die Fahreignung weiterhin beibehalten werden oder unter Auflagen (z.B. technische Nachrüstung oder nur Automaten) beibehalten werden. Bei nicht bestehen der Kontrollfahrt wird der Fahrausweis entzogen.
Es ist empfehlenswert vor Antritt der Kontrollfahrt einige wenige Fahrstunden bei einem konzessionierten Fahrlehrer zu absolvieren.
Case Management
Erwerbstätig bleiben: So lautet das Ziel vieler Menschen mit Morbus Bechterew. Dennoch gibt es Fälle, bei denen Abklärungen bezüglich der Arbeitsfähigkeit nötig sind.
Ein erstes Beratungsgespräch kann bei beruflichen Problemen im Zusammenhang mit dem Morbus Bechterew in Anspruch genommen werden. Wird der Case Management-Prozess in Gang gesetzt, wird zwischen Betroffenen, Arbeitgebern und Versicherungen vermittelt, um eine Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schaffen. Das Case Management ist für Mitglieder ab dem 2. Jahr ihrer Mitgliedschaft kostenlos.
Als Mitglied haben Sie die Möglichkeit eine kostenlose juristische Beratung zu bekommen.