Kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko durch Biologika bei einer Schwangerschaft

Die Frage, ob das Risiko für eine Fehlbildung unter einer Biologika-Therapie erhöht ist, dürfte für werdende Eltern von grossem Interesse sein. In einem Bundesstaat im Westen Kanadas wurden nun umfangreiche Daten zur Biologika-Behandlung mit Informationen über Anomalien bei Neugeborenen verglichen. Mit sehr erfreulichem Resultat.

8. Oktober 2020
Schwangerschaft

Auch während einer Schwangerschaft können Frauen mit einer Autoimmunkrankheit auf die Behandlung mit einem Biologikum angewiesen sein, zumal bestimmte krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs), welche die Vermehrung von sich teilenden Zellen des Immunsystems verhindern und dadurch entzündungshemmend wirken (z. B. Methotrexat, Leflunomid), während einer Schwangerschaft kontraindiziert (also verboten) sind. Es ist deshalb von grossem Interesse, mehr über das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Biologika während einer Schwangerschaft zu erfahren, insbesondere über das Risiko angeborener Fehlbildungen.

Dr. Nicole W. Tsao und ihre Mitverfasserinnen in British Columbia (einem Staat im Westen Kanadas) haben deshalb eine Studie durchgeführt, bei der sie untersucht haben, ob es zwischen der Behandlung mit Biologika 90 Tage vor einer Schwangerschaft oder in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten und der Häufigkeit angeborener Fehlbildungen bei den Neugeborenen einen Zusammenhang gibt.

Nahezu 100 % der Geburten erfasst

In British Columbia gibt es eine umfangreiche Datensammlung über die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, in der alle Arztbesuche, Labor- und sonstigen Untersuchungen, Medikamentenverordnungen sowie Krankenhausaufenthalte anonymisiert festgehalten sind. Diese Daten, in Verbindung mit medizinischen Berichten über nahezu 100  % der Geburten in British Columbia durch registrierte Hebammen, ermöglichten die Erfassung aller Geburten zwischen 2002 und 2012 und der Behandlung zwölf Monate vor Schwangerschaftsbeginn bis zwölf Monate nach der Entbindung.

In die Studie eingeschlossen wurden Patientinnen mit einer Auto-immunkrankheit, bei der Biologika in Frage kommen: rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, Morbus Bechterew, juvenile Arthritis und sonstige Autoimmunkrankheiten. Der Biologika-Gruppe zugeteilt wurden Patientinnen, die in den drei Monaten vor dem Eintritt einer Schwangerschaft oder im ersten Schwangerschafts-Trimester ein Biologikum verschrieben bekamen. Die übrigen Patientinnen bildeten die Vergleichsgruppe ohne Biologikum-Gebrauch. Der Gebrauch anderer (nicht-biologischer) Medikamente war in beiden Gruppen erlaubt.

6218 Patientinnen mit 8607 Schwangerschaften kamen zur Berücksichtigung in der Studie in Frage. Zu jeder Schwangerschaft in der Biologika-Gruppe wurden fünf Schwangerschaften bei derselben Krankheit für die Vergleichsgruppe ausgewählt. Die Biologika-Gruppe enthielt daraufhin 107 Patientinnen mit 117 Schwangerschaften und die Vergleichsgruppe 562 Patientinnen mit 585 Schwangerschaften.

Nicht mehr Anomalien

Die häufigsten Diagnosen waren rheumatoide Arthritis (50 %) und entzündliche Darmkrankheit (44 %). In beiden Gruppen wurde bei 6 % der Neugeborenen bereits bei der Geburt mindestens eine angeborene Anomalie festgestellt. Auch unter Einschluss von im ersten Lebensjahr festgestellten Anomalien betrug die Häufigkeit in beiden Gruppen 6 %. Die Häufigkeit angeborener Anomalien war also in dieser Studie durch den Gebrauch von Biologika vor oder während der Schwangerschaft nicht erhöht. Auch das Muster der Fehlbildungen (z. B. Defekt der Scheidewand zwischen den Herzvorhöfen, Verbindung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader, Nierenfehlbildung usw.) unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen.

Schlussfolgerung: Der Gebrauch von Biologika vor oder während einer Schwangerschaft bedeutet also ganz offenbar kein zusätzliches Fehlbildungsrisiko für das Neugeborene.

Patientengemässer Bericht über die Veröffentlichung «Risk of congenital anomalies in infants born to women with autoimmune disease using biologics before or during pregnancy» von Nicole W. Tsao, Gillian E. Hanley, Larry D. Lynd, Neda Amiri und Mary A. De Vera, erschienen in Clinical and Experimental Rheumatology Band 37 (2019), S. 976–982

Quelle: Morbus-Bechterew-Journal Nr. 160 (März 2020)